Dort wo die Seelen ruhen (Apsalon, Ce'rana, Ki'aran)

ooc: Dies bildet eine Fortsetzung zum >>Abendessen im Gemeinschaftsraum.


Es wurde Abend in Dolchsturz und während sich die Mitglieder des Bundes an herzhaftem Ochsen labten, flammten draußen vor dem Fenster allmählich die sperrlichen Straßenlichter auf. Der Alte stand halbnackt in seinem Zimmer neben dem Bett, wie immer vor einem riesigen Kleiderhaufen brütend. Was sollte er heute anziehen? Das dunkelblaue Wams mit dem eingestickten Zeichen seines Gottes? Seinen schwarzen Wappenrock, ebenfalls mit Symbolen versehen? Oder einen schlichten Mantel mit Kapuze? Auch wenn der Bretone vermied über seine adelige Herkunft zu sprechen, so sah man es doch deutlich an seinem Modebewusstsein. Apsalon war es immens wichtig, was er trug, was er damit aussagte und wer die Aussage sah und noch wichtiger wer sie verstand. Zu einem seiner Nebenfächer als Bursche hatte die Heraldik gehört, so konnte er im Alter immer noch einen Großteil der Häuser Wegesruhes alleine an ihren Bannern identifizieren. Er kratzte sich in Gedanken am haarigen Kinn und warf einen kurzen Blick aus dem Fenster. Grauweiß mischte sich in das Schwarz der Dunkelheit, es würde heute wohl neblig werden.

Was ihm nicht bewusst war, war die Tatsache, dass er bereits eine halbe Stunde überfällig war und seine rothwardonische Begleiterin wahrscheinlich unten warten ließ. Ob Ce'rana nach ihm sehen würde? Da er es gewohnt war die Totenwache alleine anzutreten, kümmerte er sich sonst nicht um ein paar Minuten Verspätung...

Gähnend lehnte sich Ce'rana gegen den Stützpfeiler der Treppe und wartete. Geduld war zwar eine Tugend, aber der Herr Ritter ließ ja ganz schön lange auf sich warten. Die Rothwardonin hatte sich für heute Abend mit ihren Leinenhemd und Hose, sowie ihren warmen Lodenumhang begnügt. Mehr war ja angeblich nicht nötig. In ihre Lederschuhe hatte sie sich vorsichtshalber etwas Schafswolle gestopft. Nichts war schlimmer als kalte Füße... alles andere würde sie schon überleben. Die Abenteuerin sah kurz zum Himmel. Ein paar Minuten würde sie ihn noch geben. Es würde die Frau doch sehr wundern, wenn der alte Herr seine heiß geliebte Nachtwache glatt vergessen hätte.

Ki'Aran verliess sein Arbeitszimmer in Richtung Alchemielabor, als er Ce'rana alleine im Innenhof stehen sah. Er hob die Brauen und stützte seine Hände am Geländer ab, ehe er sie mit lauter Stimme ansprach: "Rekrutin Ce'rana, was macht Ihr hier so alleine? Ist Euch die Lust am Trubel im Aufenthaltsraum vergangen?"

Apsalon ließ weiter auf sich warten. Er hatte zwar endlich die richtige Gaderobe gefunden, aber der zu Kopf gestiegene Wein erschwerte ihm das Anziehen, sodass er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte, mit dem Zeh gegen den Bettpfosten stieß und ein lautes Fluchwort brüllte, das wohl auch im Haus zu hören sein musste.

Die Rothwardonin blickte zum Handelsfürsten hinauf und winkte ihn kurz.
"Nein keine Sorge no shira Ki'aran. Ich warte auf no shira Apsalon. Ich begleite ihn heute bei seiner Nachtwache." Die Frau schmunzelte amüsiert. "Hättet ihr nicht auch Lust, mal eine Nacht auf einem Friedhof zu verbringen?" Ein Fluchen ließ sie aufhorchen und sie zupfte an ihren Zopfperlen. "Ich glaube no shira Apsalon hat zuviel Wein genascht..."
Na das könnte eine lustige Nacht werden...

Ki'Aran legte den Kopf schief, als er ihr Vorhaben vernommen hatte. Es hatte seinen Reiz. Einerseits würde er dadurch zwei Mitglieder besser kennen lernen und es würde ihm ermöglichen einen Anhänger Arkays bei seiner Arbeit zu beobachten. "Hm...ja. Ich werde Euch begleiten. Gebt mir bitte einige Minuten. Ich ziehe mich noch wärmer an."

Anschliessend eilte Ki'Aran in sein Zimmer, wo er seine dicke Alchemistenschürze ablegte und in seinem Wandschrank zu suchen begann. Er zog eine warme Wolltunika hervor, streifte sie über und liess einen Wollumhang folgen. Seine Füsse versorgte er in sorgsam gearbeiteten Hirschlederstiefeln. Er befestigte noch einen Dolch an seinem Gurt und nahm eine Laterne, sowie Lederhandschuhe mit als er den Raum verliess.

Total dürften knapp fünf Minuten vergangen sein...

Nun kam auch endlich Apsalon die Treppe nach unten geschritten. Da im Haus zu dieser Zeit nur mehr wenig Licht brannte, war er schwer zu erkennen. Er trug ein pechschwarzes Wams mit silbernen Knöpfen versehen, darunter eine dicke Schicht Kalbsleder und Steppstoff, um die Kälte fernzuhalten und darüber einen langärmeligen olivgrünen Mantel, der fast wie eine Kutte aussah. Von seinen Schultern hing ein betagter dunkelgrauer Umhang, der offenbar in zwei Hälften gerissen worden war. Ein ebenso dunkler Gürtel schlang sich um seine breite Taille, dessen silberner Schnalle Arkays Symbol zeigte. Gefütterte Schwarzlederstiefel und -handschuhe rundeten die Erscheinung ab.

Ganz in die Farben der Nacht gekleidet, bemerkte man an ihm am ehesten die nun offen getragene Halskette, an der das Dienstabzeichen seines Ordens baumelte. Die kleine verzierte Kugel leuchtete in Rot- und Violett-Tönen durch die Dunkelheit. Das tat sie am Tag nicht, was vielleicht auffallen würde. Wie immer durfte auch sein Zweihanschwert Fluss nicht fehlen, dass in einer Schlaufe quer über seinen Rücken hing.

"Bist du dir sicher, dass dir die paar Sachen reichen? Es ist Winter und wir werden länger draußen sein." Er deutete auf Ce'ranas Leinenhemd. "Ich gehe noch schnell meine Laterne holen. Dann brechen wir auf."

"Mehr habe ich aber nicht..." murmelte die Frau vor sich hin und grübelte. Wär sie doch nur in der Wüste geblieben. Vielleicht sollte sie die Tage doch Sharlines angebot annehmen und sich durch die Stadt führen lassen. Dann würde sie sich gleich mit ein paar warmen Klamotten eindecken.
"Tut das ich komme gleich." antwortete sie den Ritter und stieg schnell die Treppen zum Obergeschoss hinauf, wo ihr der Handelsfürst entgegen kam.
"No shira Apsalon ist jetzt unten. Ich komme sofort." sprach sie im vorbeigehen zu den Rothwardonen und verschwand in ihr Zimmer. Dann war halt improvisieren angesagt!
Sie wühlte aus ihrer Wäschetruhe noch ein paar einfache Hosen und Hemden. Sogar ein löchriges aus Baumwolle war mit dabei. Wo hatte sie den das aufgegabelt? Ce'rana wusste es zwar nicht mehr, aber es würde seinen zweck erfüllen. Sie zog einfach alles übereinander an und stopfte nochmal eine gute Portion Schafswolle in ihre Stiefel. Da brauchte sie für ihr Bett unbedingt wieder ein Stück Fell.
Die musterte sich nochmal selbst und zuckte mit den Schultern. Mehr zum anziehen hatte sie nicht. Ce'rana eilte dann wieder aus ihren Zimmer zum Innenhof zurück.

Ki'Aran schaute Ce'rana überrascht nach und stockte in seinem Eilmarsch zurück zum Innenhof. Er zuckte anschliessend mit den Schultern und schritt nun gemächlicher in den Innenhof. Dort angekommen entzündete er die Kerze in seiner Laterne und wartete auf die anderen. Seine Kleidung war in Grautönten gehalten.

Apsalon kam aus einem der Räume zurück auf den Innenhof geschritten, selbst eine Laterne in einer Hand. "...Ki'aran? Was macht Ihr denn hier?" Er trat näher und betrachtete den Handelsfürsten genau, um sicher zu gehen. Danach folgte eine förmliche Verbeugung.

"Guten Abend Ser. Nun...ich nutze die Gunst der Stunde und lerne von Euch.", er lächelte den älteren Mann freundlich an und musterte ihn. "Brauche ich eine Waffe? Oder dient die Eure mehr der Zier?"

Die Rothwardonin gesellte sich zu den zwei Männern und zog sich ihre Kapuze etwas über den Kopf. Sie ließ die Männer erst einmal zu Ende sprechen und wartete.

"Ah, so ist das also..." Er kratzte sich am Kinn und nickte Ce'rana bestätigend zu. "Ich hoffe bei Arkay, dass Ihr keine brauchen werdet. Aber schaden tut's nicht." Nun entzündete auch er seine Laterne, die er an einem Eisenring festhielt. "Bevor wir losmarschieren, hat noch jemand Fragen?"

Ki'Aran schüttelte den Kopf und meinte: "Euer Schwert, Euer Wissen, Ce'rana und mein Dolch sollten genügen. Ich wäre bereit und bin gespannt."

Er nickte dem Handelsfürsten bestimmt zu. "Ich werde es trotzdem nochmal wiederholen. Totenwachen verbringt man normalerweise im Dunkeln, das heißt diese Lichtquellen hier bringen uns nur auf unserem Weg dorthin etwas. Erstens sind wir keine Besucher und beachten die ewige Ruhe noch mehr als andere und zweitens kann der Schein blenden und einen gegenüber Gestalten in der Finsternis blind machen. Für diese Arbeit braucht man angepasste Augen."

"Unsere Basis ist ein kleines Beinhaus im Zentrum, das nicht weit entfernt von der Priesterbehausung liegt und in dem immer zwei Kohlpfannen brennen. Dort kann man sich nach getanem Wachgang aufwärmen. Der Gang erfolgt jede Stunde, wobei wir heute zu dritt sind und uns aufteilen können. Dadurch wird es nicht zu kalt für den Einzelnen.

"Wie ich Ce'rana bereits sagte, werde ich einmal gegen Mitternacht in die Gruft hinuntersteigen und dort Patrouille schieben. Ihr könnt euch noch entscheiden, ob ihr das erste Mal schon mitkommen wollt. In den Katakomben unter Dolchsturz ist es oft kälter als in der frischen Winterluft und außerdem hört man da so einiges. Geräusche, die zartbesaiteteren Leuten den Schock durchs Rückenmark fahren lassen."

Dann deutete er auf den Ausgang und würde den beiden den Vortritt lassen. "Eines noch: Solltet ihr etwas ungewöhnliches finden oder auf Probleme stoßen, gebt Laut. Dafür sind in einigen Nischen, die ich euch noch zeigen werde, Hörner untergebracht. Blast kräftig hinein und der halbe Friedhof ist wach. Es sind zwar schon Monate seit dem letzten Vorfall vergangen, aber die Priesterschaft rechnet jederzeit mit einem Störenfried."

Ce'rana hörte aufmerksam zu und nickte immer wieder mit den Kopf um zu signalisieren, dass sie den Ritter verstanden hatte. Sie überlegte dann einen moment und sprach dann zu Apsalon.
"Also ich verzichte bei meinem ersten Besuch lieber auf den Gang in die Katakomben.... Unter der Erde unterwegs zu sein, ist nicht wirklich das meine." Sie verließ das Gelände vom Bund und winkte den zwei Wachen am Tor noch zum Abschied zu. Danach würde sie den zwei Männern zum Friedhof folgen.

Ki'Aran nickte und hmmte bei den Ausführungen des Ritters und schob dann doch noch eine Frage nach: "Wie könnt Ihr ohne Lichtquelle etwas in den Katakomben sehen?"

Anschliessend folgte er dem Ser in die kühle Nacht hinaus. Er nickte den beiden Wachen noch kurz zu und zog sich den Umhang fester.

"Dort hinunter nehme ich ausnahmsweise eine Fackel mit. Die Öllampennischen an den Wänden kann man entzünden... heißt das Ihr wollt mit nach unten kommen?" Der Ritter streifte ebenso die Kapuze seiner Kutte über und führte das kleine Grüppchen über die Straße und in die nächste Seitengasse hinein. Sie würden in etwa etwa fünfzehn Minuten brauchen, um den Friedhof am Rande der Stadt am Fuße eines kleineren Hügels ins Landesinnere zu erreichen.

"Ich werde es mir noch überlegen. Erzählt mir doch in der Zwischenzeit etwas über Arkay.", Ki'Aran folgte dem älteren Mann und hielt dabei seine Laterne hoch.

Ce'rana sah sich immer wieder um, während sie durch die dunklen Straßen der Stadt gingen. Nachts war es hier ja noch verwirrender als am Tag.. und gruseliger. Die Rothwardonin achtete darauf, die zwei Männer nicht aus den Augen zu verlieren und verhielt sich auf den Weg zum Friedhof eher schweigsam.

"Gerne doch. Was möchtet Ihr hören? Wer Arkay ist? Was er tut? Was er mir bedeutet? Oder warum ich ihm diene und mir jede Nacht den Hintern abfriere?" Er schmunzelte tief, als sie eine langgestreckte Wand entlang gingen, die sich um die nächste Ecke als Teil der Stadtmauer zum Stadttor hin öffnete. Apsalon hob grüßend die Hand wie die Wachen in Sichtweite kamen. Da sie den Alten schon kannten, ließen sie das Dreiergespann noch kurzer Zeit passieren.

"Obacht jetzt! Die Felder hier draußen sind in den Wintertagen gesäumt mit Schlammpfützen. Nicht dass ihr hineintretet. Mit klitschnasser Kleidung wird die Kälte unerträglich, erst recht für Südländer."

Ki'Aran schwieg einen Moment, als ihn Apsalon bat seine Frage zu präzisieren. "Nun...erzählt mir, was Ihr einer Person erzählen würdet, der in einen seiner Tempel kommen würde."

Ansonsten hielt sich Ki'Aran dicht bei den Anderen und versuchte den Schlammpfützen so gut es ging auszuweichen.

"Arkay ist einer der Höchsten der Acht und Herr über den Kreislauf des Lebens. Über seine Herkunft spinnen sich viele Mythen, doch darüber sollen sich die Gelehrten den Kopf zerbrechen! Sicher ist, dass er der Sohn Akatoshs ist und dass er sich als Nachfahre des Zeitdrachen um den ewigen Zyklus angenommen hat. Geburt und Tod fallen beide in seine Domäne, denn er spendet den Sterblichen das Leben und schützt ihren kostbarsten Kern, ihre Seele noch über das Ende hinaus. Sein Orden trägt als Banner eine Kugel inmitten eines achtzackigen Sterns..." Er deutete erneut auf sein Dienstabzeichen, das im Dunkeln funkelte.

"...aber diese Symbolik kann sich je nach Gebiet unterscheiden. Seine Tempel verteilen sich quer über den Kontinent, fast alle davon Teil einer Nekropole oder Grabesstätte. Im hohen Norden sollen sie ihre Verstorbenen in riesigen unterirdischen Katakomben unterbringen, sogenannten Hallen der Toten, aber ich habe sie nie selbst gesehen. Seine Diener schwören mit ihrer Aufnahme in die Gemeinschaft das Gesetz zu bewahren und seinen Segen all jenen verlorenen Seelen zu spenden, die ewige Ruhe suchen."

'Ehret die Erde, ihre Wesen sowie die Geister lebend und tot. Verteidigt und hütet die Gaben der irdischen Welt und entweiht nicht die Geister der Toten.' so spricht mein Herr und so folgen wir bis ans Ende unserer Existenz. Wer die Weihe empfängt oder als Ritter geölt wird, ist an Arkay gebunden. Was ihr also heute sehen werdet, werde ich für den Rest meines zugegeben noch kurzen Lebens machen." Ein sanftes Lächeln tauchte auf seinem Gesicht auf, das weder Angst noch Ärger über sein Schicksal vermittelte. Er führte sie an einigen stillen Bauernhäusern vorbei zu einem kleinen Wäldchen, hinter dem sich der Friedhof von Dolchsturz mit seinen hunderten Gräbern über den Hügel zog, sodass die großen Hügelgräber auf der Spitze nun schon gegen das Mondlicht sichtbar waren. Von fern heulte ein Rudel Wölfe.

"Wie Ihr bereits einmal erwähntet, ähnelt dieser Arkay wohl Tu'whacca.", Ki'Aran schwieg einen Moment und folgte dem alten Ritter nachdenklich, ehe er fortfuhr. "Tu'whacca begleitet die Seelen noch heute zu den fernen Ufern. Diese Rolle kam ursprünglich Sep zu, der das Vertrauen von Ruptga jedoch missbrauchte und einen ungeheuren Frevel beging." Erneut brach Ki'Aran ab und schritt schweigend weiter. Er liess seinen Blick zum Hügel wandern und wirkte in Gedanken verloren.

Ce'rana wich vorsichtig den diversen Schlamm- und Wasserpfützen aus und sah sich immer wieder nervös um. Das heulen der Wölfe ließ die Frau dann wieder schneller werden und sie fragte sich langsam, was in dieser Suppe von Apsalon drinnen gewesen war, dass sie auf diese verrückte Idee gebracht hatte.
Beim Friedhof angekommen, schüttelte es die Frau kurz. Der Anblick war ja irgendwie faszinierend... aber auch nur fast. Hauptsächlich gruselte sie sich im moment fürchterlich. Sie notierte sich gedanklich Friedhöfe jeglicher Art auf ihrer Nie-wieder-freiwillig-Besuchen-Liste.