Dort wo die Seelen ruhen (Apsalon, Ce'rana, Ki'aran)

Ein rostiges zweigeteiltes Eisengitter, auf dem sich das Moos ausbreitete tauchte vor ihnen auf, von dem aus sich eine dunkle Steinmauer um das Friedhofsgelände spannte.
An zwei hohen Säulen aus ebenso modrigem Gestein prangten im Nachtwind wehende Banner:

Als Ki'Aran das Knirschen des Eisengitters hörte, hob er den Kopf und ein überraschter Laut entwich seinen Lippen. Er schien überrascht zu sein, sich aufeinmal an so einem Ort vorzufinden. Er blieb einen Moment stehen, schüttelte dann den Kopf und folgte Apsalon hinein. "Wie viele Gräber gibt es hier?"

Viel zu viele... schoß es Ce'rana durch den Kopf, behielt die Antwort aber lieber für sich. Sie folgte den zwei Männern in den ehemaligen Vorgarten und wickelte sich ihren Umhang fester um ihren Körper. Die zwei mussten ja nicht gleich merken, dass es sie kurz schüttelte. Ob wegen der Kälte oder der gruseligen Atmosphäre, war sie sich selbst nicht so sicher... vermutete aber schwer letzteres. Als sie am Teich vorbeikamen, sah sie kurz grübelnd hinein.
Dadurch das es sich nicht regte, sah es fast wie ein schwarzes Loch aus.. ein sehr großes und tiefes Loch, ohne jegliches Licht... Schnell riß sie sich von dem Anblick los und folgte weiter Apsalon und Ki'aran. Wer weiß was da drinnen hauste... sie wollte das lieber gar nicht wissen.

"So in etwa eintausend liegen hier begraben.", gab der Ritter zurück als sie den Anstieg in Angriff nahmen. Er hielt die Laterne vor sich, um den Trampelpfad auszuleuchten, der sich auf den Fuß des Hügels hinaufwand. Rund um sie herum zeigten sich im Lampenschein immer neue Ruhestätten und Gräber, die sie fast zu umzingeln schienen. Oben angekommen steuerte er zielstrebig zwei kleine Holzbauten an, von denen in einem Licht brannte. "Trefft nun die Priesterschaft.", sprach er zu seinen Begleitern in feierlichem Ton, bevor er drei Mal anklopfte.

Menschenpriester: Erst hörte man leise Schritte, bevor sich die Tür einen Spalt weit öffnete und ein kahlköpfiger Mann mit Hackennase, wulstigen Lippen und tiefen Augenringen sowie einem stoppeligen schwarzen Kinnbart seinen Kopf herausstreckte. Als er Apsalons Gesicht sah, öffnete er die Türe ganz und winkte sie still herein.

Dunmerpriester: Drinnen bei einem kleinen Eisenofen in einer staubigen Stube hockte ein rotäugiger Dunmer mit Pferdeschwanz und las in einem ledergebundenen Buch im Kerzenschein, neben ihm starrte ein großer Mann mit dunkelblondem Haar und Rauschebart und einer auffallend roten Knollennase dem Rauch hinterher, wie er in dem Loch oberhalb des Kamins verschwand. Während sich der Lesende und ihr Türöffner durch ihre dunklen Kutten klar als Angehörige der Priesterschaft kennzeichneten, trug der große Mann nur ein einfaches fleckiges Stoffhemd mit Lederhosen. Wie sich schon Stille im Raum breit machte, da niemand etwas sagte, klappte der Dunmer sein Buch schließlich zu und lächelte die Gruppe an, bevor er aufstand und mit geöffneten Armen auf sie zuschritt. "Willkommen, Wächter! Und willkommen ihr beiden. Willkommen in Arkays Haus!" Seine Stimme klang angenehm melodisch, wobei er manche Wörter auffallend betonte.

Ce'rana musterte skeptisch die Hütte der Priester, war aber dann doch froh, ins warme gehen zu dürfen. Respektvoll verbeugte sie sich vor den drei Priestern, überließ aber lieber Apsalon das reden.

Ki'Aran blieb, kaum dass sie an den ersten Gräbern vorbeigelaufen waren, vor einem Grabstein stehen und las die Inschrift. Er schaute sich interessiert um, gab sich aber allerhand Mühe in der Nähe von Apsalon zu bleiben.

Als sie die Priesterbarracke betreten hatten, nickte er den Priestern zu: "Guten Abend. Ser Apsalon ist so freundlich und weist zwei Yokudan in die Lehren von Arkay ein. Mein Name ist Ki'Aran und dies ist Ce'rana.", er verneigte sich elegant und lächelte freundlich.

Der Dunmer kicherte, faltete dann aber die Hände und deutete eine Verbeugung an. "Der Wächter hat euch beide zu uns gebracht, Ki'aran und Ce'rana. Wir haben selten welche vom sonnengeküssten Volk hier. Man nennt mich Ulrades Vellran und das ist mein pflichtbewusster wenn auch stiller Ordensbruder Terik Devon." Er schlurfte blitzschnell näher und flüsterte ihnen zu. "Der Ärmste hat sich als Kind die Zunge abgebissen, erwähnt es bitte nicht vor ihm."

Dann war Priester Ulrades auch schon wieder dort, wo er vorher gestanden war, und sprach in melodischem Klang weiter. "Unsere kleine Friedhofsgemeinschaft schließt dieser kräftige Mann hier ab." Er deutete auf den großen Nord. "Ulf, unser Totengräber." Ulf hob die Hand und murmelte ein gelangweiltes: "Ich grüße euch, Besucher... Es ist uns eine Freude, euch hier zu sehen...", wobei sein Tonfall wenig Freude vermittelte.

"Die Freude ist ganz auf unserer Seite.", sprach Apsalon und neigte ebenso förmlich das Haupt. "Die beiden werden mich heute auf der Totenwacht unterstützen, aber wenn Ihr sie bei einem Ritual gebrauchen könnt, dann werde ich ihnen diese Möglichkeit nicht verwehren. Gibt es wieder ein stummes Begräbnis?" Ulrades nickte, wobei die Haut an seinem faltigen Hals etwas mitwackelte, er musste schon Ewigkeiten leben. "Ja, auch heute werden die Namenlosen wieder Arkay übergeben. Es ist eine schlichte Zeremonie, ohne Trauernde, denn diese armen Seelen hatten niemanden im Leben und nun auch niemanden im Tod." Er sah zu den beiden Rothwardonen. "Vielleicht möchtet ihr an ihrer Stelle ihre Reise begleiten und mit uns die Worte sprechen? Auf keine Weise kann man Arkay näher kommen, als wie wenn man sein Werk tut."

"Arkay wählt nicht zwischen arm und reich oder Mensch und Mer. Wenn sie schon kein Glück im Leben hatten, so bescheren wir den obdachlosen Opfern des Winters mit dem Segen wenigstens einen besseren Tod.", sprach der Alte erklärend zu Ce'rana und Ki'aran und wartete auf eine Antwort. "Ihr könnt natürlich auch Ulf Rardarhan beim Einbuddeln helfen." "Wenn ihr wollt..." Der Riese hatte eine Stimme, die absolut keine Gefühlsregung vermittelte.

Ki'Aran hörte aufmerksam zu und schaute dann von Ulrades zum Ser. "Und was werdet Ihr in der Zwischenzeit machen? Werdet Ihr uns begleiten?"

"Ich werde meine Runden gehen. Wie gesagt könnt ihr mir folgen oder der Priesterschaft helfen. Hat beides seine Reize. Je nachdem könnt ihr auch Verschiedenes machen." Er zuckte mit den Schultern und wartete auf die Antwort von Ki'aran und Ce'rana.

Ce'rana überlegte einen moment und sprach dann leiser zu Apsalon, so als ob die Frau auf dem Friedhof nicht zuviel Lärm verursachen wollte.
"Ihr werdet heute Nacht ja sicher mehrere Runden drehen no shira Apsalon. Sofern es niemanden stört, würde ich gerne no shira Vellran beim stummen Begräbnis begleiten." Sie sah dann zu dem Dunmerpriester. "Keiner sollte seinen letzten Weg einsam und verlassen beginnen.. Ich möchte gerne mit euch ein Gebet für diese armen Seelen sprechen."

"Ihr habt ein gutes Herz. Aber ich bin Priester und kein.. ähm... ähm.. Noschierer. Was immer da-" Er unterbrach sich, hustete schwer und wischte sich anschließend mit einem Taschentuch den Mund ab. "Was immer das ist..."

"No shira ist ein Titel, so etwas wie bei euch der Herr, Meister, Ehrwürdiger und ähnliches.. Hauptsächlich für wichtige Personen mit entsprechender Stellung." erklärte Ce'rana schmunzelnd. "Also für euch angemessen."

Der Priester hörte interessiert zu, blinzelte heftig und riss immer wieder leicht die rotleuchtenden Augen auf, wie wenn sie ihm brennen würden. "Priester Ulrades ist mir trotzdem lieber. Wenn Ihr der Zeremonie beiwohnen wollt, werde ich Euch Bescheid geben. Ulf muss noch die Toten vorbereiten." Er deutete nach hinten zum blonden Hühnen, der begonnen hatte mit einem Messer einen Stock anzuspitzen. "Du solltest beginnen. Es sind heute achtzehn der Erfrorenen." "Ist ja gut, wir haben die ganze Nacht Zeit. Ich mache das schon." Der Dunmer zuckte mit den Schultern und sah wieder zur Gruppe. "Beginnt IHR dann auch, Wächter?"

"Umgehend, Priester." Apsalon schritt zu einer kleinen Nische auf der Seite und holte ein Bündel weißer Kerzen und einen prächtig verzierten Eisenschlüssel mit einem roten Band hervor. Dann öffnete er die Türe, bevor Terik es tun konnte und sah nach draußen. "Es wird Nebel geben. Wenn keiner mehr unmittelbar Fragen an die Priesterschaft hat, so werden ich euch erstmal das Gelände zeigen."

Ki'Aran lauschte den Worten und nickte Apsalon zu, als dieser aus dem Haus schaute: "Ich werde mich entscheiden, sobald wir etwas unterwegs waren. Ich hoffe das ist genehm?"

Ce'rana verbeugte sich zum Abschied vor den Priestern und nickte Apsalon zu. "Von mir aus können wir los."

Er nickte beiden zu, zog sich die Kapuze über und stapfte hinaus. Die Gruppe bog nach rechts ab, an dem zweiten dunkleren Haus vorbei und schritt dann auf eine Art Garten zu, jedenfalls wurde der mit Schotter bedeckte Boden hier von sprießenden Grasbüscheln abgelöst und ein weiteres altes Eisengitter tauchte vor ihnen auf, das nur mehr schief in einem Scharnier hing. Gleich dahinter lag der Friedhof in einer Talmulde umgeben von Wald südöstlich des Hügels, seine Gräber erschienen im hellen Mondlicht wie die graugewordenen Zahnreihen einer großen Bestie aus Moos, Bäumen und Rasenflächen. Still lag er da in einer annähernd rechteckigen Form, wobei an hinterster Stelle ein kleiner quadratischer Steinbau von zwei Lichtquellen erhellt schwach hervorstach. "Da wären wir. Man braucht ungefähr zehn Minuten, um ihn zu durchqueren, zwei Mal soviel um alle Wege abzugehen."

Ki'Aran war Apsalon gefolgt und schaute sich gespannt um. "Was ist das für ein quadratisches und steinernes Gebäude?", er wies darauf und hängte gleich noch eine Frage an. "Und wieso ist diese letzte Ruhestätte der Menschen aus dieser Region so verwahrlost? Fehlt es an Geld für den Unterhalt?"

Sie sah sich aufmerksam um und wickelte sich enger in ihren Umhang. Auf Ki'arans frage hin, schnaubte sie nur kurz.
"Wen ich das richtig sehe, ist dass der allgemeine Friedhof für die armen Seelen, die sich die Luxusgräber in der Stadtnähe, mit ihren Mausoleen und riesigen Figuren nicht leisten können... da schaut doch keiner, ob ne Tür richtig hängt oder ein Grabstein umgefallen ist...." Die Frau räusperte sich verlegen als sie merkte, dass sie das wohl  laut gesagt hatte. "Verzeihung..." Ce'rana zog sich ihre Kapuze über den Kopf.